Rede zur Stadt- und Marketing GmbH

Antrag der UBR an die Stadtverordnetenversammlung am 03.11.2016 (eingereicht am 18.10.2016)

Der am 14.07.2016 gefasste Beschluss zur Gründung einer städtischen Marketing- und Entwicklungsgesellschaft als GmbH ist in Teilen rechtsfehlerhaft. Im letzten Satz ist deshalb das Wort „Arbeitsgruppe“ durch Stadtverordnetenversammlung zu ersetzen.

Antragsbegründung

Der letzte Satz, in dem der „Arbeitsgruppe“ die abschließende Zustimmung zu den Vertragsentwürfen  Gesellschaftsvertrag und Geschäftsführeranstellungsvertrag übertragen wird, ist mit der HGO unvereinbar. Die HGO kennt solche Arbeitsgruppen nicht, somit können ihnen auch keinerlei Entscheidungsbefugnisse übertragen werden. Dies wurde offensichtlich bei der Formulierung des Beschlusses übersehen.

Rede zur Stadt- und Marketing GmbH

Vorab: Ich selbst war am 14.7.16 in Urlaub. Ein Protokoll der Sitzung erhielt ich nicht. Erst viel später habe ich mir aus aktuellem Anlass von einem Fraktionsmitglied das Protokoll ausgeliehen und bin sofort auf die fehlerhafte Formulierung aufmerksam geworden. Da bereits vor meinem Urlaub eine Einigung der Fraktionen auf eine GmbH zustande gekommen war, war ich überzeugt, alles sei korrekt gelaufen.

Weitere Begründung

Schon in früherer Zeit gab es „Arbeitsgruppen“, die als Runder Tisch oder interfraktionelles Gespräch bezeichnet wurden, um Entscheidungen der Stadtverordnetenversammlung vorzubereiten, wenn die  Materie sehr umfangreich oder problembehaftet war. Beispiele: Kitagebühren, Schutzschirm, KIP (komm. Inv. Programm) usw.

Ebenso wie bilaterale Gespräche zwischen Fraktionen können solche Arbeitsgruppen sinnvolle und nicht verbotene Hilfsmittel zu Einigungsprozessen bei bestimmten Themen sein, die Eskalationen in der Stadtverordnetenversammlung vermeiden helfen.

Soweit mir erinnerlich, wurden bei diesen Treffen immer Anwesenheitslisten geführt und Protokolle verfasst, die den Teilnehmern ausgehändigt wurden. Und in allen Fällen wurden die Ergebnisse in der Stadtverordnetenversammlung und den Ausschüssen zur Beschlussfassung vorgelegt. Wie es auch richtig ist!

Man muss nämlich beachten, dass solche Arbeitsgruppen nach der HGO keine offizielle Funktion besitzen, weil sie dort nicht vorgesehen sind. Nicht einmal der Ältestenrat kann nach unserer Geschäftsordnung bindende Beschlüsse fassen.

Die in der HGO aufgeführten Gremien sind: Stadtverordnetenversammlung, Magistrat, Ausschüsse,  Kommissionen, Beiräte. Die Stadtverordnetenversammlung kann bei weniger wichtigen oder kurzfristig zu treffenden Entscheidungen die abschließende Zustimmung auf den Magistrat oder auch einen Ausschuss übertragen, niemals aber auf eine Arbeitsgruppe, die nach der HGO nicht existiert.

Im Übrigen kann die Stadtverordnetenversammlung ihr ausschließlich zugeordnete Aufgaben und Entscheidungen überhaupt nicht übertragen. Zu diesen originären Aufgaben gehören lt. § 51 HGO:

Nr. 11: Die Errichtung , Erweiterung, Übernahme und Veräußerung von öffentlichen Einrichtungen und wirtschaftlichen Unternehmen sowie die Beteiligung an diesen.

Nr. 19: Die Übernahme neuer Aufgaben, für die keine gesetzliche Verpflichtung besteht.

Die Markt- und Stadtentwicklungs-GmbH ist so eine Gründung einer neuen öffentlichen Einrichtung mit Übernahme neuer Aufgaben, für die keine gesetzliche Verpflichtung besteht, und mit dem Beschluss/Willensbekundung, ,so etwas zu machen und zu beauftragen gibt die Stavo keineswegs alles weitere an Magistrat, Verwaltung oder gar Arbeitsgruppe ab.

Der Magistrat hat den ihr von der Stadtverordnetenversammlung zugewiesenen Auftrag, die erforderlichen Schritte zur Gründung einer GmbH. vorzubereiten und umzusetzen durch Beauftragung der Firma Schüllermann und Partner erfüllt und am 26.7.16 den dazu notwendigen Beschluss gefasst.

Die im Ausschuss sodann formulierte und am 14.7.16 von der Stadtverordnetenversammlung auch beschlossene Beschlussfassung, wonach der Arbeitsgruppe die abschließende Zustimmung zu den Vertragsentwürfen Gesellschaftsvertrag und Geschäftsführeranstellungsvertrag übertragen wird, ist rechtsunwirksam, da eine solche Übertragung rechtlich unmöglich ist. Entscheidungsträger in dieser  Angelegenheit bleibt somit die Stadtverordnetenversammlung.

Zu der o.a. Arbeitsgruppe lud die Verwaltung erstmals am 9.6.2016 ein, da die Rechtsform der Marketinggesellschaft sehr umstritten war. Ein weiteres Treffen fand am 23.6.16 statt, bei dem man sich auf die Rechtsform einer GmbH einigte. Anwesenheitslisten wurden nicht geführt, Protokolle nicht geschrieben. Jedenfalls habe ich keine erhalten. Es handelte sich somit bei diesen Treffen lediglich um zwanglosen Gedankenaustausch.

Nach der Beschlussfassung am 14.07.16 tauchten bei den Teilnehmern der „Arbeitsgrupppe“ folgende Fragen auf:

  • Inhalte und Formulierung der Stellenausschreibung
  • Gehaltsvorstellungen für einen Marketingmanager
  • eigene Ausschreibung und Auswahl der Bewerber

oder Inanspruchnahme eines Unternehmens, das sich auf die Suche nach geeignetem Führungspersonal qualifiziert hat.

Zu diesen Fragen fand ein reger Gedankenaustausch im Internet per email zwischen Teilnehmern der „Arbeitsgruppe“ statt. Die UBR hat sich daran nicht beteiligt.

Es ist allgemein bekannt, dass ich mit der Nutzung der neuen Medien auf Kriegsfuß stehe. Allerdings kann ich die Emails lesen, was ich auch getan habe, sobald ich wieder zu Hause war. Ich ging allerdings davon aus, dass dies nur Vorgeplänkel sei und ein weiteres Treffen oder sogar umgehend eine Ausschuss- oder Stadtverordnetensitzung zu diesem Thema stattfinden werde, da es sich immerhin um eine stattliche Summe handelte. Bei der Grundsatzentscheidung am 14.7.16 war nämlich über eine solche Beauftragung und die nicht unerheblichen Kosten (über 34 000 €) kein Wort gefallen. Im Beschluss selbst wird ebenfalls nichts dazu gesagt. Diese Internetdiskussion war zur Meinungsbildung sicherlich hilfreich und nicht zu beanstanden.

Mir schien es jedoch, dass sich eine Eigendynamik entwickelte, die im Widerspruch zur HGO steht. Man hatte den Eindruck, der rechtsfehlerhafte Stadtverordnetenbeschluss ermuntere Mitglieder der Arbeitsgruppe geradezu, ihre Kompetenzen weiter auszudehnen und man hatte das Gefühl, die Verwaltung akzeptiere das.

Damit wurde der Eindruck erweckt, als sei die Arbeitsgruppe in der Frage Einstellung entscheidungsbefugt und habe so entschieden. Im Hinblick auf die Suche nach einem geeigneten Kandidaten wurde jedoch zu keinem Zeitpunkt in den Entscheidungsgremien über die Inanspruchnahme einer Personalvermittlung gesprochen oder beschlossen.

Drei Angebote wurden eingereicht, die auch vorlagen und der Magistrat beauftragte eine dieser Firmen.

Meine Damen und Herren, die Stadtverordnetenversammlung hat bereits per Gesetz und Hauptsatzung Arbeitsgruppen. Das sind die Ausschüsse, Kommissionen und Beiräte. Zusätzliche Runde Tische, interfraktionelle Gespräche oder Arbeitsgruppen sollten wir wirklich sparsam und nur dann einsetzen, wenn vertrauliche Dinge mit den Fraktionsvorsitzenden zu besprechen sind, die wiederum ihre Fraktionen in geeigneter Weise informieren sollen. In den letzten Jahren hat hier – veranlasst durch die Schutzschirmdiskussion – eine Inflation solcher Treffen stattgefunden. Dies muss wieder auf ein notwendiges Maß reduziert werden. Eine Rückbesinnung auf wirklich wichtige Anlässe ist erforderlich. Sonst geht es uns wie dem Zauberlehrling bei Goethe. Sie wissen schon: „Die Geister, die ich rief, …..

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion hat im Ausschuss und in email Beiträgen schon mehrfach richtigerweise geäußert, die Stadtverordnetenversammlung sei an Voten der Ausschüsse, Kommissionen oder Beiräte keineswegs gebunden. Dem kann ich nur zustimmen und hinzufügen: Dies gilt erst recht für die Arbeitsgruppen und an diese können schon gar nicht originäre abschließende Entscheidungen übertragen werden.

Die UBR wird jedenfalls künftig an solchen Gesprächen nur noch dann teilnehmen, wenn klar ist, dass sie lediglich vorbereitender Meinungsbildung für die Fraktionsarbeit dienen sollen.

Noch etwas zum Abschluss

Die HGO sieht für die Sitzungen der städtischen Gremien – außer Magistrat und Betriebskommission – grundsätzlich öffentliche Sitzungen vor. Die Öffentlichkeit kann zwar unter gewissen Voraussetzungen ausgeschlossen werden. Dafür gelten jedoch strenge Maßstäbe. Mit der Überhandnahme solcher Arbeitsgruppen wird auch zu einem Teil – ob gewollt oder nicht – das Öffentlichkeitsprinzip unterlaufen.

Wenn Entscheidungen bereits im stillen Kämmerlein unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorentschieden werden und bei allen Punkten mit Schaufensterreden Einigkeit demonstriert wird, geht die Würze von Streitkultur verloren und die Bürger wissen nicht mehr, warum sie Stadtverordnetensitzungen besuchen sollen. Um nicht missverstanden zu werden: Ich will keineswegs Hauen und Stechen wie es manchmal aus Nachbargemein-den berichtet wird. Aber das öffentliche Austragen von Meinungsverschiedenheiten, die durchaus auch zu einer einstimmig verabschiedeten Lösung führen können, sind das Salz in der Suppe einer Stadtverordnetenversammlung.

Meine Damen und Herren, da offensichtlich auf Grund unseres Antrags die Entscheidungen über die Marketing GmbH heute doch auf der Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung stehen, womit unser Anliegen erfüllt ist, bedarf es im speziellen Fall keiner Änderung des Beschlusses vom 14.7. mehr. Wir ziehen deshalb den Antrag zurück.