Rede zum Frauenförderplan
Frau Vorsitzende, meine sehr verehrten Damen und Herren. Vorweg sei gesagt, dass wir selbstverständlich dem Frauenförderplan zustimmen. Allerdings möchte ich ein paar Anmerkungen machen.
Es ist grundsätzlich bedauerlich, dass es notwendig zu sein scheint, einen Frauenförderplan zu erstellen und zu beschließen. Worum geht es denn im Grunde. Zum einen sollen Frauen animiert und ermuntert werden, sich um attraktive und höher bezahlte Stellen zu bewerben. Zum anderen sollen solche Stellen auch tatsächlich möglichst mit Frauen besetzt werden, da der weibliche Anteil im Bereich der höher zu bewertenden Stellen oftmals unterrepräsentiert ist.
Dies ist bedingt durch eine Jahrtausende alte Kulturgeschichte, die in manchen Kulturen noch heute so gehandhabt wird und auch in Europa noch nicht lange Vergangenheit ist.
Erst Mitte der Siebziger wurde in Deutschland abgeschafft, dass der Mann seiner Frau die Berufstätigkeit verbieten konnte. Auch das Wahlrecht der Frauen ist in Europa noch nicht lange überall selbstverständlich. Vor wenigen Jahren erst – wenn ich mich recht erinnere – wurde im Kanton Appenzell in der Schweiz das Frauenwahlrecht eingeführt. Wir sind alle gefordert, im Bereich unserer Zuwanderer unser Frauenbild und die Rechte unserer Frauen durchzusetzen.
Früher durften Frauen – vor allem Nonnen und Diakonissen – vornehmlich in pflegerischen und erzieherischen Berufen in Krankenhäusern, Kindergärten und Schulen tätig sein. Dass sie studieren können, ist auch erst seit etwas mehr als 100 Jahren möglich. Erst in den Weltkriegen des letzten Jahrhunderts, als die Männer an der Front dienen mussten, waren sie als billige Arbeitskraftreserve sehr geschätzt. Nach dem II.Weltkrieg erwarben sie sich als Trümmerfrauen am Wiederaufbau unserer Republik große Verdienste und viel zu viele waren nach dem Krieg gezwungen, ihre Kinder alleine großzuziehen. Während die Männer Kriege führten, haben die Frauen versucht, das dadurch erzeugte Elend und die Not soweit möglich zu lindern.
Soweit unterschiedliche Bezahlung durch bessere Vor- und Ausbildung, besondere Fertigkeiten, Erfahrung durch lange Firmenzugehörigkeit usw. bedingt ist, ist dies gerechtfertigt, denn dies gilt ebenso für Männer. Dass es bei gleichen Voraussetzungen aber heute noch unterschiedliche Bezahlungen von Männern und Frauen in manchen Wirtschaftsbereichen gibt, ist nicht zu akzeptieren und muss abgeschafft werden. Auch hier muss gelten: Gleiches Geld für gleiche Arbeit! In einer Zeit, wo viele Frauen ihre Kinder allein erziehen müssen, da sich Familien anders als früher schneller auflösen und andere gezwungenermaßen hinzuverdienen müssen, weil das Einkommen zum Auskommen nicht reicht, gibt es keinen Grund mehr, Männer besser zu bezahlen. Gerade in einer Zeit, wo viele Ehen geschieden werden, ist es für Frauen unabdingbar, ausreichend eigene Rentenansprüche zu erwerben. Und mit Aushilfsjobs und halben Stellen geht das nicht.
Woran aber liegt es, dass viele Frauen in unteren Lohn- und Entgeltbereichen tätig sind?
Eltern, die aus vielerlei Gründen schon seit Jahrzehnten im Niedriglohnbereich tätig waren oder Hartz IV bzw. früher Fürsorge bezogen, sind oft nicht in der Lage, ihre Kinder zu einem Leben, in dem es ihnen besser gehen soll, zu motivieren. Oft liegt es auch an der Vorbildung, weil Eltern eher geneigt sind, dem Sohn als späterem Ernährer einer Familie – was heute gar nicht mehr so richtig ist – das Studium zu finanzieren als der Tochter, denn die heiratet ja eh einmal und bleibt wegen der Kinder zu Hause. Die mittlere Generation wie meine Kinder denken da schon anders. Die Unterbrechung durch die Kindererziehungszeiten lassen in der Schnelllebigkeit auch der jetzigen Berufswelt den Anschluss und erst recht die Karrieremöglichkeiten im erlernten Beruf oft nicht mehr zu. Da Frauen auch oftmals noch die Hausarbeit erledigen müssen, fehlen auch zeitlich die Möglicheiten.
Wir alle wissen, wie schwer es ist auch Frauen für die aktive Kommunalpolitik zu gewinnen. Die Parteien würden gern mehr Kandidatinnen aufstellen, allein es fehlt an Bewerberinnen und oft auch am Selbstvertrauen, dafür geeignet zu sein.
Noch ein Wort zu Sexismus und Missbrauch. Nach meiner Meinung bezieht sich dies nicht nur auf Frauen, sondern auf alle Menschen und zwar unabhängig vom Milieu. Auch unter Schwulen und Lesben gibt es das, wie Olivia Johns letztens in einer Talkshow sagte. Und die muss es ja wissen. Wer die Macht hat oder glaubt, sie zu haben, ist immer in der Versuchung, dies gegenüber „rangniederen“ Personen auch zu nutzen. Sexuelle Übergriffe gibt es laut Statistik vornehmlich im Bereich der engeren und weiteren Familien und auch der Nachbarschaft. Nicht nur Frauen, auch Kinder, Behinderte und psychisch Gestörte sind häufig Opfer. Auch im Erziehungs- und Pflegebereich wird Macht ausgeübt. Pfleger in Krankenhäusern und Alten- und Kinderheimen, Schulen und Internate (Odenwaldschule), Lehrer, Trainer in Sportvereinen und auch der kirchliche Bereich sind nicht davon ausgenommen, ihre Positionen zum Schaden der Schutzbedürftigen auszunutzen. Von daher ist der Frauenförderplan nicht überflüssig, sondern nur ein Teilaspekt dessen, was es alles noch zu tun gibt.
Nur vor einem möchte ich warnen: Wir sollten uns davor hüten, die Frauen, die ihre Bestimmung und ihre Erfüllung darin sehen, den Haushalt ordentlich zu führen und die Kinder zu erziehen, ihrerseits zu diskriminieren. Das haben sie nicht verdient. Ihr Beruf ist die Familie und bei zwei oder mehr Kindern ist das ein Fulltime-Job.