Klinikmisere III. Rede 10.9.2020

Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren,

Wir wissen jetzt, dass dem Gutachter Vorgaben gemacht wurden, die unverhandelbar seien. (HNA 25.7.20), wozu nicht nur die Geburtsstation, sondern auch der Besitz der Herzchirurgie gehört haben muss.

Mit der Einverleibung des HKZ haben Landkreis und Klinikum unbedingt einen Brocken schlucken wollen, der ihnen erst im Halse stecken blieb und jetzt riesige finanzielle Probleme bereitet. Die Übernahme war der größte Fehler. Geschäftsführer und politische Verantwortliche haben uns dann eindrucksvoll bewiesen, dass sie nicht in der Lage waren, die selbst gestellte Aufgabe und die großspurigen Versprechungen bei der Übernahme zu erfüllen.

Das HKZ wurde nicht geführt, sondern es wurde agiert wie auf einem steuerlosen Schiff im Sturm, das von einer Seite auf die andere schlingert und torkelt. Alle Ansagen, was ins HKZ verlegt werden sollte, wurden wieder kassiert. Die für Investitionen vorgesehenen Gelder wurden größtenteils in Hersfeld verfrühstückt. Statt Doppelangebote abzubauen wurden welche in Konkurrenz zum KKH erst geschaffen (z.B. Pneumologie) und Kardiologie in Bad Hersfeld. Die Dialyse musste nach starken Bürgerprotesten doch beibehalten werden. Eine ambulante Untersuchung des Herzens kann gar nicht mehr angeboten werden, da kein Arzt mehr da ist, der einen Stempel der kassenärztlichen Vereinigung besitzt. So muss man sich stationär behandeln lassen, doch Einzelzimmer können Privatpatienten nicht mehr bekommen, weil die dafür gebaute Rodenbergklinik geschlossen und vermietet wurde.
Ein richtiges wegweisendes Konzept lag nie vor, man fuhr nur auf Sicht und reagierte auf Widrigkeiten hilflos und panisch.

So auch jetzt. Dass man die Abspaltung und Verkauf des HKZ inclusive Herzchirurgie -sonst bekommt man keinen interessierten Investor – von vornherein nicht in Erwägung zieht, zeigt den Egoismus und die Kurzsichtigkeit der Entscheidungsbefugten.

Wenn man sich „überfressen“ hat und der Magen revoltiert und rebelliert, hilft nur, das zu viel Gegessene wieder „auszukotzen“, wenn nötig mit dem Finger im Hals. Da kann man dem Magen nicht befehlen, nur Kartoffeln und Gemüse, aber das Fleisch bleibt drin. In dieser Situation sind wir heute. Die Herzchirurgie unbedingt behalten zu wollen, beziehungsweise nach Bad Hersfeld zu holen, blockiert eine erfolgreiche Suche nach besseren und erfolgversprechenderen Alternativen aus der größten Krise der kreiseigenen Kliniken. Das jetzt angepriesene Modell ist wieder Flickwerk und hat keine Zukunft.

Das, was die 4 Herrschaften im Ausschuss zum Besten gaben, waren wenig konkrete Nebelschwaden.
Der Landrat hat erst nach zweimaligem Befragen zugegeben, von der Aktion der Geschäftsführung informiert gewesen zu sein.
Den Diebstahl der Herzchirurgie hat man mit großem Wortschwall, aber auch widersprüchlichen Argumenten als Vorteil auch für uns Rotenburger zu verkaufen versucht. Man versteckte sich hinter den Gutachtern, die dieses Sanierungskonzept vorgeschlagen hätten.

Tatsache ist jedoch:
Nicht ein unabhängiger Gutachter, sondern die Geschäftsführung des Klinikums selbst hat dieses Sanierungskonzept entwickelt und Curacon wurde für 200 000 € beauftragt, es auf Machbarkeit zu überprüfen. Geliefert wie bestellt! Die Beauftragung ist bereits vor vielen Monaten erfolgt und da ein solcher Auftrag vom Aufsichtsrat beschlossen werden muss, müssten somit alle Aufsichtsratsmitglieder seit Anfang des Jahres Kenntnis von diesem Konzept haben, das für Rotenburg eine Katastrophe bedeutet. Es fällt somit sehr schwer, ihnen zu glauben, sie hätten all dies erst aus der Zeitung erfahren. Es sei denn, sie lesen eher die Zeitung als ihre Sitzungsunterlagen.
Natürlich kann es aber auch sein, dass man im Aufsichtsrat nur die Erstellung eines Gutachtens durch ein externes Unternehmen beschlossen hat, aber verschwieg, dass es eigentlich nur darum ging, ein selbst erstelltes Sanierungskonzept auf Machbarkeit überprüfen zu lassen. Das wäre dann ein noch mieseres falsches Spiel und die Eile (Schweinsgalopp), mit der man jetzt innerhalb weniger Tage das Ganze über die Bühne zerren will und dabei den Entscheidungsträgern kaum Zeit lässt, sich mit dem umfangreichen Schlechtachten – denn Gutachten kann man das nicht nennen – auseinanderzusetzen, zeugt vom schlechten Gewissen der Initiatoren. Wenn alles so zutrifft, werden die Spielregeln der Demokratie total missachtet und der Landrat, selbst Jurist, sollte sich schämen.

Die Erfinder des angeblichen Sanierungskonzepts hatten nicht die Sanierung des gesamten Klinikverbunds und die Interessen aller Mitarbeiter, sondern nur des Klinikums Hersfeld und die Verlagerung der Herzchirurgie nach dort im Auge. Es gibt Hinweise darauf, dass die Firma Curacon sich nur in Hersfeld mit der Geschäftsführung getroffen und im Klinikum sich umgesehen hat, jedoch nicht einer sich im HKZ hat blicken lassen.

In diesem sogenannten Sanierungskonzept stand von vornherein fest, dass die Herzchirurgie nach Bad Hersfeld verlegt wird. Alternativen wurden gar nicht erst angedacht.
z.B. Ausführung der 2016 versprochenen Investitionen und Ausbau der Kardiologie im HKZ. Stattdessen wurde nichts investiert, in Hersfeld wurde eine weitere Kardiologie eingerichtet, im HKZ kann man nicht mal einen Check des Herzens ambulant bekommen und Privatpatienten keine Einzelzimmer. Für die Pflege der Außenanlagen hat man kein Geld gehabt. Das soll dann das richtige Ambiente für Rekonvaleszenten sein!?
z.B. Vorschlag des KKH: Neubau der Herzchirurgie auf dem Gelände des Kreisaitenheims in Kooperation mit dem KKH statt in Bad Hersfeld.
Da Klinikum Hef und HKZ eine Klinik ist, wäre das eine sinnvolle Alternative.
z.B. Abspaltung des HKZ und Verkauf, auch mit Verlust. Den zwingenden Verbleib der Herzchirurgie in Rotenburg kann man vertraglich festzurren.

Die Folgen dessen, was das für die Stadt Rotenburg bedeutete, interessierte weder die Geschäftsleitung noch die meisten politisch Verantwortlichen.
Wäre es eine Burg, dann wäre eine weitere Ruine auf dem Berg wenigstens ein touristisches Ausflugsziel.
Beide Hotels beim HKZ , aber auch das gesamte Gastgewerbe und die Hotellerie sowie Zulieferer und Dienstleister wie Wäscherei werden großen Schaden nehmen.
Die Planung für touristische Attraktionen müssen wahrscheinlich gestoppt werden. Preise für Grundbesitz werden fallen, aber Gebühren für Wasser und Abwasser steigen. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

Rotenburg wurden in den letzten Jahren immer wieder Institutionen und Ämter weggenommen: Das Katasteramt (Homberg), das Amtsgericht (nach Hersfeld), das Finanzamt ist nur noch Zweigstelle, die Bundeswehr und nun vom eigenen Landkreis wird das HKZ platt gemacht. Unsere Entwicklung wird um Jahrzehnte zurückgesetzt.
Alle blumenreichen Reden, das sei zum Besten des ganzen Landkreises und selbstverständlich auch gut für die Bürger Rotenburgs sind vergiftete Beruhigungspillen, die diejenigen selbst nicht glauben, die das sagen.