Rede zur Zentralisierung der Jugendhilfe
Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren, was hier abläuft, kann man beim besten Willen nicht nachvollziehen. Einerseits werden die politisch Verantwortlichen nicht müde, zu beteuern, wie sie sich bemühen, dem auf dem flachen Land verstärkt auftretenden demographischen Wandel entgegenzusteuern, der die Lebensbedingungen verschlechtert, andererseits werden ständig Institutionen und Dienststellen abgezogen, um zu zentralisieren. Dabei beteiligen sich Bund, Land und jetzt schon wieder der Landkreis gleichermaßen.
Durch erfolgte und angestrebte Privatisierungen des Bundes wurden flächendeckend Bahnhöfe und Poststellen geschlossen. Statt – wie versprochen – die Dienstleistungen zu verbessern, wurden sie massiv schlechter. Die Bundeswehr wurde uns genommen. Was letztlich mit der Kaserne passieren soll, wissen wir nicht.
Die Landesregierung nahm uns das Katasteramt und das Amtsgericht. Auch das Straßenbauamt in Bad Hersfeld wurde mit Eschwege als Hessen-mobil zusammengelegt und die Forstbehörden wurden zentralisiert. Auch unser Finanzamt ist nur noch Außenstelle. Fragt sich, wie lange noch?
Beim Schulamt in Bebra hatten wir ausnahmsweise einmal einen Vorteil.
Der Landkreis verringerte das Angebot der Zulassungsstelle und nun will man die Jugendhilfe vor Ort wegrationalisieren und in Bad Hersfeld ansiedeln. Was vor Jahren als bürgernah und Erfolg eingerichtet und gepriesen wurde, hat heute keine Bedeutung mehr.
Eine Fusion der Abfallverbände, wobei Arbeitsplätze und Standort in Bebra in Gefahr waren, stand auch schon auf dem Plan, wurde und wird zum Glück von Vorstand und Verbandsversammlung des MZV abgelehnt.
Zentralisierung von Behörden und Dienststellen bedeutet zwangsläufig auch Umzug von Menschen zu den Arbeitsplätzen (Beamte, Angestellte, Anwälte) und so auch Bevölkerungsverlust in den Mittelzentren mit ihren Stadtteilen. Im digitalen Zeitalter ist das nur in Ausnahmefällen notwendig. Die Katasterämter hätten dezentral bleiben können, die Amtsgerichte auch. Mit dem Bevölkerungsrückgang erfolgt gleichzeitig eine Schwächung der Wirtschaftlichkeit der Kommunen bei den Ver- und Entsorgungsleistungen für die Bürger mit entsprechender Verteuerung sowie durch Rückgang der Steuer- und Schlüsselzuweisungen.
Glaubt man denn wirklich, durch Zentralisierung und Ausdünnung in der Fläche den Menschen das Leben lebenswerter machen zu können? Was steckt dahinter?
Ich glaube, die Bürokraten in den Verwaltungsapparaten meinen, ihre Existenzberechtigung unter Beweis stellen zu müssen. Dann werden Berechnungen angestellt, wie man vermeintlich durch Zusammenlegungen Geld sparen kann. Manchmal tatsächlich, manchmal mit ein bisschen Schönrechnerei kommt man dann auf einen Betrag X €. Diese nackte Zahl sieht auf den ersten Blick bestechend aus und dafür lässt man sich feiern. Haushaltsexperten in Bund, Land und Landkreis sehen nur ihr eigenes Umfeld und sind sofort bereit, zuzustimmen.
Bei den Berechnungen kommen die Bürger selbst jedoch nicht vor. Die allerdings haben ein Mehrfaches an zeitlichen und finanziellen Aufwand. Was die Behörde spart, müssen die Bürger doppelt und dreifach drauflegen. Wer zum Grundbuchamt nach Bad Hersfeld fahren muss oder zum Katasteramt nach Homberg, der weiß, wovon ich rede. Nicht nur die Ausgaben für Sprit und Abnutzung des Autos oder die Kosten für öffentliche Verkehrsmittel muss man rechnen, sondern auch, da Zeit bekanntlich Geld ist, die Fahrzeiten, in denen andere Arbeit hätte verrichtet werden können oder eine notwendige Erholungsphase möglich gewesen wäre. Davon sind auch die Mitarbeiter in den Behörden betroffen, bis sie umgezogen sind.
Ganz vergessen wird auch, dass die Politik andererseits diese Nachteile durchaus ausgleichen möchte und dann ein Ministerkollege Millionen für Dorferneuerung oder Stadtumbau ausgibt, um die Landflucht aus Dörfern und Kleinstädten zu bekämpfen und das Leben dort lebenswerter zu machen, damit Menschen dahin ziehen. Ein völliger Widersinn!!!! Von Nachhaltigkeit also keine Spur!
Für die Bürger bringen solche Maßnahmen nur Stress und Nachteile, finanziell, zeitlich und gesundheitlich. Es müsste zwingend vorgeschrieben werden, auch für solche Maßnahmen eine Ökobilanz zu erstellen, in der diese Nachteile aufzulisten und zu berücksichtigen sind.
Es ist doch so: Weniger Institutionen und Firmen, desto weniger Arbeitsplätze und desto weniger Menschen. Und je weniger Menschen, desto geringer die Dichte in der Infrastruktur von Geschäften, Handwerkern, Kirchen, Gaststätten, Schulen usw. usw. Dies wiederum lockt keine Neubürger an, sodass sich das Ganze immer weiter verstärkt.
Es ist schlimm, dass unsere Kreisverwaltung mit Landrat Koch und Elke Künholz an der Spitze so unsensibel sind, dies nicht zu begreifen. Lasst uns die bewährten Strukturen und gebt uns wieder Verlorenes zurück! Dann sind die Bürger zufriedener und die Kosten für die Reparatur dieser Fehler reduzieren sich.
Die UBR unterstützt die Resolution voll und ganz!!