UBR zu den Bürgerinitiativen „Straßenbeitragsfreies Hessen“
Die Forderungen sind berechtigt, aber nur zum Teil erfüllbar. Eine komplette Übernahme durch das Land ist Utopie, denn auch eine neue Landesregierung wird erst einen Kassensturz machen und dann entscheiden. Ob die Zusage, die Straßenbeiträge abzuschaffen, eingelöst werden kann, ist alles andere als sicher. Man erinnere sich: Vor der Bundestagswahl 2012 wollte die CDU die Mehrwertsteuer um 2 % erhöhen, die SPD keinesfalls. Erhöht wurde dann gemeinsam um 3%!
Hätte das Land die Anliegerbeiträge übernommen, wären Jahr für Jahr etwa 250 Millionen € erforderlich. Die Erklärung, warum das Innenministerium auf Anfrage für 2015 – 2017 durchschnittlich nur 37 Millionen angegeben hat, ist einfach. Geht man davon aus, dass die Kommunen nochmals die gleiche Summe übernahmen, wurden insgesamt 74 Mio aufgewendet. Da 1 km Straßenerneuerung rund 1 Million kostet, wären das 74 km in ganz Hessen. Bei 426 Kommunen je Stadt/Gemeinde 174 Meter.
Man merkt sofort, diese Zahlen haben mit der Realität nichts zu tun.
Allein die drei in 2018 geplanten Straßenerneuerungen in Rotenburg hätten lt. Haushalt 1,1 Mio€ gekostet. Im günstigsten Fall hätte die Stadt 50% zu übernehmen, also 550 000 €. Die gleiche Summe würde veranlagt, worauf die Stadt ohne Landeszuschuss nicht verzichten kann. Bei 426 Kommunen aller Größen sind 550 000 Euro landesweit durchschnittlich 234 Millionen €.
Dieser Widerspruch zwischen Bedarf und tatsächlichen Investitionen ist leicht erklärt. Das Finanzgebaren der Kommunen wurde bis 2012 kaum überwacht und jährliche Überziehungskredite in Millionenhöhe geduldet. Dann kam das böse Erwachen. 2012 hat das Land dann den Rettungsschirm aufgespannt für die über 100 am höchsten mit Kassenkrediten überschuldeten Kommunen. Rotenburg lag mit über 25 Mio weit vorn. Viele andere Städte und Gemeinden mit weniger hohen Schulden konnten nicht teilnehmen. Trotzdem waren alle verpflichtet, bis spätestens 2016 ausgeglichene Haushalte vorzulegen, andernfalls wurden sie nicht genehmigt. Nun kann man sich leicht ausrechnen, wo gespart wurde: Bei den Straßensanierungen, denn das waren sechsstellige Brocken. In den genannten Jahren wurde somit für Straßensanierung fast nichts investiert. Es fehlte schlicht das Geld dafür.
Auch jetzt hat sich das Land wieder mit einer Mogelpackung um seine Verpflichtung herumgedrückt, den Städten und Gemeinden eine angemessene finanzielle Ausstattung zu gewährleisten. Die Aufhebung der Satzungspflicht für die Straßenausbaubeiträge ohne Finanzierungszusagen hilft den Kommunen nicht. Im Gegenteil, diejenigen, die schon die Satzungen aufgehoben haben, zumeist ohne zu wissen, wie sie nun notwendige Sanierungen finanzieren sollen, spielen unwissentlich der Landesregierung in die Hände. Die kann dann sagen: Die Städte und Gemeinden beweisen doch, dass sie das aus eigener Kraft schaffen.